Freitag, März 23, 2007

Mittelamerika


Mittelamerika
 

Samstag 16.September bis Sonntag 15.Oktober 2006
 
Guatemala
Atitlán - der schönste See der Welt. Regenfahrten
 
Guatemala haelt gleich zwei Ueberraschungen fuer mich bereit: Die erste: Am Montag musste ich ueber einen 3.670 m hohen Pass klettern. Ein Test fuer die von mir gefuerchteten Berge in Peru. Und die zweite, ich kam gut darueber hinweg. Dann ging es bei Kaelte und Regen hinunter (ich zog meine regendichte Kleidung und warme Handschuhe an), wobei ich Autoschlangen ueberholte, die wegen Erdrutsch nur mit Handregelung weitergeleitet wurden. Der Tag endete mit einer rasanten Abfahrt mit 1.000 m Hohenunterschied nach Panajachel am wunderbaren Atitlán-See, der von einigen als der schoenste See der Welt bezeichnet wird. Ich kenne zwar nicht alle Seen der Welt, aber als ich am naechsten Tag 800 m wieder hinauf musste und dann zwei Stunden in dieser Hoehe fuhr, den See mit seinen drei Vulkanen und den malerischen Ortschaften nach jeder Kurve aus einer anderen Perspektive sah, dachte ich mir, diese Einschaetzung koennte schon stimmen und auch die Anstrengungen des Anstiegs waren vergessen. Dazu kam dann noch eine 30 km lange Strecke im Tal des Rio Madre Vieja, wo es immer nur leicht bergab ging. Einer der beeindruckendsten Fahrtage meiner Tour.
Vor Verlassen Guatemalas besuche ich noch einen Safaripark hinter Escuintla und kann ein paar schoene Tieraufnahmen machen.
Am letzten Tag beginnt eine Pannenserie, die sich noch einige Zeit fortsetzen soll. Bei stroemendem Gewitterregen stelle ich mich unter und als ich losfahren will, habe ich hinten keine Luft mehr auf dem Reifen. Das Reifenwechseln findet unter Anteilnahme dort ebenfalls wartender Jugendlicher und Erwachsener statt. 

El Salvador
Ueberraschungen auch hier. Muellerfassung.

Die erste Uebernachtung an der Grenze (La Hachadura) ist die primitivste, die ich bisher hatte.
Ich kam vollkommen nass dort an und das Geld hätten sie fast einem nackten Mann unter der Dusche aus der Tasche gezogen. In fast allen Hotels in Mittelamerika wird sofort - noch vor Betreten des Zimmers - nach dem Geld verlangt, ohne Rücksicht darauf, in welchem Zustand man ist (nass, verschwitzt, vollkommen "fertig" spielt keine Rolle; man moechte sich wenigstens erst mal reinigen und umziehen). Vielleicht haben sie schlechte Erfahrungen ? Hier sah es mir allerdings so aus, als waeren sie wirklich auf meine 10 $ angewiesen, denn als ich nach dem Duschen bezahlte und dann gleich einkaufen und essen ging, machte sich auch die Vermieterin (offensichtlich mit meinen 10 $) gleich auf den Weg. Die Armut ist allgegenwärtig, wenn auch nicht immer unmittelbar zu sehen.

Am naechsten Morgen ist vom am Vortag gewechselten Schlauch die Luft wieder runter. Also heisst es vor dem Start gleich noch mal einen anderen Schlauch aufziehen. Und der erste Schlauch stellt sich gleich beim Aufpumpen wieder als undicht heraus. Ich hab inzwischen 4 Schläuche aus Deutschland, deren Ventil an der einvulkanisierten Stelle im Schlauch undicht d.h. eingerissen ist (schlechte Produktionstechnologie). Diese Methode der Ventileinvulkanisierung ist einfach Mist. Auch wenn die Schläuche von einer renommierten Firma ("Continental") sind, spricht das noch lange nicht für gute Qualität.

Auch in El Salvador gibt es 'ne Ueberraschung. Im selben Komplex, wo ich in La Libertad in einem grosszuegig eingerichtetem Zimmer schlafe (zum selben Preis - 10 $ - wie an der Grenze fuer das "Loch"), befindet sich direkt darunter das modernste Computer-Cafe, was mir bisher auf meiner Tour begegnet ist.
Und noch eine Ueberraschung: Sie haben es zwar noch nicht absolut gepackt, aber der Staat bemueht sich sehr, das Muellproblem in den Griff zu bekommen. Auch das Umweltbewusstsein ist ein hoeheres als in Mexiko und Guatemala. Ich sah an einem Tag in mehreren Doerfern, wie die Einwohner den Plasteabfall vom Straßenrand aufsammelten. Ich sah Plasterfassungsstellen mit riesigen Saecken Abfall. Ich sah Muellfahrzeuge ueberall im Einsatz. Solche koordinierten Aktionen sollten Vorbild für andere mittelamerikanische Länder sein.

Honduras
Pannen. Erholung.
 
Die Pannenserie setzt sich fort.
Obwohl ich in Honduras nur 133 km fahre, halte ich mich drei Tage dort auf. Panne kurz nach Grenzuebergang und kein Schlauch (!) der i.O. ist oder sich flicken laesst (4 kaputte Schläuche s.o.). Ein Auto nimmt mich 25 km mit und setzt mich vor einem Hotel in San Lorenzo ab. Ich hab nur 10 $ umgetauscht und morgen ist Sonntag. Wieder steht mir das "Glueck" zur Seite. Uebernachtung kann ich nach Diskussion in $ bezahlen und ein Fahrradgeschaeft, das am Sonntag geoeffnet hat, hat Schlaeuche fuer mich, hergestellt in Thailand, mit fest eingeschraubtem Ventilstutzen. Ich kaufe zwei Stueck und werde damit reichen. So komme ich an dem Tag verspaetet weg und bin dazu noch moralisch etwas am Boden.Eigentlich wollte ich nur Mittag in dem Hotelrestaurant ausserhalb von Choluteca essen. Es ist warm, ein herrliches Panorama, ein swimming pool, gutes Essen........ Ich nehme hier ein Zimmer (fuer 18 $), erhole mich am Nachmittag im und am Pool, geniesse die ausgezeichnete Kueche.

Nicaragua
Geld am Automaten. Deutsche Botschaft.
Die ersten 20 km nach der Grenze sind vom Strassenbelag eine Katastrophe, dann wird es etwas besser, aber Nicaragua hat weitaus die schlechtesten Strassen Mittalamerikas. Und es kommt dann auch so, wie es kommen musste. Ich habe gleich am ersten Tag eine Panne und kann meinen zwei Tage vorher in der Nacht muehevoll reparierten Mantel nun endgueltig entsorgen, hab nun aber keinen Ersatzmantel mehr für die Bereifung. Es ist wieder sehr warm und ich hangle mich - aehnlich wie in Mexiko - von Cola-Zapfstelle zu Cola-Zapfstelle, jedesmal mindestens eine Flasche Cola trinkend (sie ist kalt, man weiss, wie sie schmeckt und süss - das wirkt wie Traubenzucker). In Managua, der Hauptstadt von Nicaragua, findet man unerwartet schöne, saubere Restaurants an Tankstellen ("On the way") mit ausgezeichneten Verpflegungsmöglichkeiten und man kann dort sogar Geld aus einem Bankautomaten ziehen (24 Stunden am Tag).
Und noch eine Geschichte, fast ein Witz. Ich hatte hier in Managua einen Freund (Arzt) arbeitend vermutet, kannte aber keine Einzelheiten ueber seine Taetigkeit, also ging ich (fuhr ich mit dem Taxi) zur deutschen Botschaft. Doch Reiko, so sein Name, war dort nicht bekannt. Zwei Monate spaeter erhielt ich von ihm eine e-mail. Er ist in Namibia (!!!).
Die Fahrt von Managua zur Grenze nach Costa Rica ist richtig beruhigend. Leicht wellige gruene Huegel, saftige Wiesen. Wenn dahinter keine majestaetischen Vulkane das Gesicht der sonst lieblichen Landschaft mitbestimmen wuerden, glaubte man sich nach Mecklenburg versetzt (!). Es rollt einfach phantastisch.

Costa Rica
Fahrradmechaniker - Landesmeister im Radsport. "Vergewaltigung"
 
Costa Rica, auch die Schweiz Mittelamerikas genannt, ist eine andere Welt nach den o.g. Staaten. Sauber, kaum Abfall und Muell, ordentlich. Auch die Menschen haben hier ein anderes Umweltbewusstsein. Warenangebot und Service typisch "westlich". Kreditkarte ueberall einsetzbar usw. Für Costa Rica hab ich drei Tage Erholung eingeplant. Ich finde in Jaco (ein exquisites Seebad am Pazifik) einen schönen, nicht allzu teuren Bungalow und das wichtigste fuer mich: hier ist nicht nur ein Fahrradgeschaeft, sondern auch ein ausgezeichneter Fahrradmechaniker (war mehrfacher Landesmeister von Costa Rica im Straßenfahren und internationaler Meister in anderen mittelamerikanischen Staaten, kennt Jan Ullrich und Taeve Schur).
Doch auf der Fahrt nach Jaco war
der bisherige Pannenhoehepunkt. Frueh hinten eine ganz normale Reifenpanne, am Nachmittag (im stroemenden Regen) das gleiche vorn. 3 km laufen und .... da war eine kleine Fahrradbude, wo ich reparieren und dann die restlichen 5 km fahren konnte.
Als ich dann in Jaco ein Fahrradgeschäft aufsuche, komme ich an o.g. Mechaniker und so entschliesse ich mich, schon hier mein Rad umzuruesten (Austausch der gesamten Antriebsgruppe) und fuer die Andenberge fit zu machen. Was mir da entging: mein erster Badetag, ich war noch nicht mal am Strand, aber ich hab ja noch zwei Tage). Nur 28er Bereifung hat auch er nicht parat. Am Montag könnte ich welche bekommen. Er fährt am Wochenende nach San Jose, der Hauptstadt Costa Ricas, zu einem Radsportwettbewerb und könnte mir welche mitbringen. Doch da will ich schon in Panama sein.
Die restlichen zwei Tage in Jaco hab ich genossen, war schwimmen und hab viel geschlafen. Musste am ersten Abend auf der Strasse allerdings auch eine Attacke von 3 einschlaegigen "Damen" abwehren, die mich quasi vergewaltigen wollten. Sie gingen mir ans "Gemaecht" aber wollten sicher ueber diesen Umweg an mein Geld, doch das hielt ich ganz fest.
Ich dachte nun sei technisch alles in Ordnung und in Panama muss ich nur noch die Bereifung kaufen..... weit gefehlt (davon unter Panama). Auf einer Schotterstrecke (50 km in 4 Stunden !) - soll in den naechsten 2 Jahren saniert d.h. asphaltiert werden - scherte es wieder mal eine Gepaecktraegerschraube ab.
Ich habe mich in Mittelamerika auf das Uebernachten in (billigen Hotels) eingestellt, das sind aber nicht immer auch miese Hotels. Die Kosten betragen in etwa 10 $ pro Nacht. Ich tue dies einmal aus Sicherheitsgruenden andererseits aus meteorologischen Gruenden. Abends oder nachts regnet es oft, wenn man nasse Sachen hat, kann man die im Zelt auch nicht trocknen, wobei es im Zelt ausserdem zu warm ist und man lieber draussen schlafen moechte. Es kommt noch hinzu, dass es in Mittelamerika um 18 Uhr finster ist, so dass man nicht mehr fahren kann. Also heisst es, bis zum Einbruch der Dunkelheit auf dem Rad sitzen. Wenn man aber noch ein Zelt aufstellen will, muesste man sich schon etwa 16/17 Uhr um einen Platz kuemmern. Es gibt keine offiziellen Zeltplaetze, so das man nur "wild" zelten kann, wobei es auch schwierig ist, einen geeigneten Platz zu finden und dann muesste man auch noch im Dunkeln kochen. Es ist auch angenehm, nach der Anstrengung des Tages zu duschen. Eine fast familiaere Unterkunft hatte ich unmittelbar vor der Grenze zu Panama. Ich kam vollkommen nass an. Es hatte auf der Schotterstrecke und auch danach noch geregnet, bekam auf Verlangen gleich ein Bier und ungefragt sogar ein Abendbrot (natuerlich gegen Bezahlung). 

Panama
Warten auf Bereifung. Panamakanal. Südamerikanische Taenze. Flug nach Kolumbien
 
Die ersten 100 km habe ich eine sehr gute Strasse, spaeter wird sie etwas schlechter. Die Betonplatten haben sich gehoben und teilweise verschoben, so dass man neben dem staendigen Ruetteln hoellisch aufpassen muss, nicht mal in ein tiefes scharfkantig abgebrochenes Loch zu kommen. Doch auch diese Strecke ueberstehe ich unbeschadet (bis auf eine erneute Reifenpanne), um dann wieder vor Panama-City auf guter Strasse zu fahren.
Allerdings haelt die Stadt gleich eingangs wieder eine Ueberraschung fuer mich bereit. Ueber die Puente de la Americana (Bruecke ueber den Panamakanal auf der Pazifikseite) duerfen nur Autos fahren. Eine andere Strassenverbindung "zu Suedamerika" gibt es nicht. Wie hinueber kommen ? Doch die Polizei - dein Freund und Helfer - bestellt mir eine Polizeifahrzeug, das mich ueber die Bruecke faehrt. Ist das kein Service ?
In Balboa/Panama-City finde ich schnell ein preisguenstiges Hotel mit einem entsprechend grossen Zimmer, wo ich Rad und Taschen fuer meinen Flug nach Kolumbien verpacken kann. Doch bis es soweit ist, gilt es in Panama noch ein anderes Handicap zu überwinden: Es gibt hier nichts fuer 28er Raeder (entgegen einer anderslautender Information, die mir vorlag), d.h. insbesondere keine Reifen. Und in Kolumbien ??? Ich war etwas geschockt. ups hilft. Fahrrad-Tietz schickt mir 3 passende Fahrraddecken, die in drei Tagen hier sein sollen. Dafuer kann ich mir jetzt in Ruhe Panama-City mit seinen Sehenswuerdigkeiten, das Kanalmuseum und Umgebung ansehen, eine Kanaltour unternehmen. Das sind schon Dinge, die man sonst nicht wieder sieht.
In der Naehe meines Hotels finde ich ein schoenes internet-Cafe und dort einen sehr netten Mitarbeiter, dem ich meine Unfaehigkeit, Bilder von meiner Kamera einzugeben, gestehe. Er nimmt sich meiner an und so habe ich es nach 2 "Sitzungen" mit ihm geschnallt. Liebe Leute, von jetzt ab, kann ich meine Berichte auch mit Fotos versehen und damit etwas anschaulicher gestalten. Nachlieferung Alaska und Kanada erfolgt dann von Deutschland aus, weil die Bilder nur noch auf CD's und diese schon zu Hause sind.
Abends bin ich oft "ausser Haus" und nehme die Atmosphaere dieser Stadt in mich auf. Unweit von meinem Hotel ist ein grosser Parkplatz, wo dreimal in der Woche eine Tanzgruppe begleitet von Panfloetenmusik "trainiert". Da treffen sich die ganzen Familien mit Kindern. Ich hoere oft ihrer Musik zu, schau mir ihre Taenze an und komme mit ihnen ins Gespraech.
Panama ist - ebenso wie Costa Rica - ein sehr schoenes Land. Hier kommt noch dazu, dass durch die Banken, die in Panama-City - in grosser Menge angesiedelt sind, viel Geld durch das Land fliesst und zahlungskraeftigen Touristen auch etwas geboten wird. Es waere ein Land, wo man seinen Lebensabend verbringen koennte - wenn man das noetige Kleingeld haette. Doch auch Armut gibt es hier in der City. Der Regierungspalast ist unmittelbar von einem Armenviertel umgeben. Ob das den Regierungschef bei seinen Entscheidungen beeinflusst ...... ?Trotz des Aufenthaltes hier, bin ich noch im Zeitlimit. Ach so, warum ich nach Kolumbien fliege ? Es gibt keine Land(strassen)verbindung. Es gibt keine offizielle Faehrverbindung (wurde vor einige Jahren eingestellt). Ob es politische oder wirtschaftliche Gruende hat, ich weiss es nicht. Vielleicht spielt auch der Drogenhandel, der damit erleichtert wuerde, eine Rolle.
Meine Reifenlieferung erfolgt zwar nach drei Tagen am Freitag abend, muss aber noch durch den Zoll und da es Samstag ist, wird das erst am Montag, so die Auskunft bei ups. Ich bettle, ich flehe, ich schildere meine Situation. Es hilft. Ein Auto faehrt zum Flugplatz und holt u.a. meine Reifen dort ab. Schnell den Flug fuer Sonntag bestaetigen lassen, im Hotel den Rest des Gepaecks flugfaehig verpacken. Großes Taxi für Sonntag frueh bestellen. Ich bin ge-/erloest, dass nun auch diese Huerde genommen ist.
Statistik Mittelamerika:Guatemala: 520 kmEl Salvador: 388 kmHonduras: 109 km + 14 kmNikaragua: 368 kmCosta Rica: 560 km + 27 kmPanama: 535 km + 126 kmMittelamerika: 2.480 km (+ 167 km), 6.600 Hm (geschätzt), 136:59 Std. (187:40 Std.);19 ½ Fahrtage, 9 ½ Ruhe-, Technik-, Wartetage, 1 Transporttag;127 km/Tag, 18,1km/Std., 338 Hm/Tag, 266 Hm/100 km
Tourverlauf :
La Mesilla (Guatemala) - Huehuetenango - San Cristobal Totonicapan (CA1) - Sololá (1) - Panajachel (Atitlán-See) - (San Lucas Taliman) (11) - Tal des Rio Madre Vieja zur CA2 - Escuintla - Ciudad Pedro de Alvaredo (Grenze zu El Salvador) - zur/an der Kueste entlang bis La Libertad - El Transito - San Miguel - Sirama - El Amatillo (Grenze zu Honduras) - Nacaome (CA1) - Choluteca - Guasaute (Grenze zu Nikaragua) - Chinandega - Leon - Managua - Jinotepe - Rivas - Peñas Blancas (Grenze zu Costa Rica) - Liberia (1) - Cañas - Barranca - Jaco - Parrita (23) - Quepos - Savegre (Schotter) - Palma Norte - Paso Canoas (Grenze zu Panama) - David - Santiago - Santa Clara - Panama-City