Sonntag, März 11, 2007

Nach der Radtour

Nach der Radtour (Chile und Argentinien)

Sonntag 04.02.2007 bis Freitag 09.02.2007

Ushuaia (Argentinien)


Diese Tage bleibe ich in Ushuaia. Ushuaia ist zwar eine schoene Stadt mit einer traumhaften Umgebung, aber waehrend meiner Anwesenheit hat es meist geregnet und war kalt, wie in Deutschland ein haesslicher, kalter Herbsttag. Zum Glueck hatte ich am ersten Tag nach meiner Ankunft schoenes Wetter und konnte eine vierstuendige Bootstour zu Seeloewen und Comoranen unternehmen. Aber es gibt hier auch interessante Museen ueber die Besiedlung der Insel vor erst 7.000 Jahren, ueber die Yámana und Selknam, die Urweinwohner der Insel, ueber die Rolle der Salisianer u.a.. Zwei der Museen hab ich schon besucht und heute werde ich dem letzten einen Besuch abstatten. Eine Traditionseisenbahn faehrt hier in den Nationalpark, es ist eine etwas groessere Ausgabe der "Pioniereisenbahn" in Dresden, trotzdem interessant. Sie diente zum Transport von Holz- und Baumaterial vom und zum grossen Gefaengnis in Ushuaia. Sie wurde von den Gefaengnisinsassen in harter Arbeit erbaut und fuhr auf Holzschienen ! Der Besuchstag war auch vollkommen verregnet. Der Regen (und aufgeweichte Boden) hielten mich auch davon ab, den Nationalpark naeher in Augenschein zu nehmen oder noch einmal mit dem Fahrrad zu besuchen.Morgen am Freitag geht es dann mit dem Bus ueber Punta Arenas (Chile) nach Puerto Natales (Chile), von wo aus ich auch noch einige Exkursionen in die schoensten Gegenden der Anden unternehmen moechte. Ich berichte weiter darueber und werde - hoffentlich - auch noch einige Bilder eingeben koennen.

Samstag 10.02. und Sonntag 11.02.2007
 

Punta Arenas (Chile)
11 Stunden Busfahrt teilweise auf der Strecke, auf der ich mich Tage vorher in entgegengesetzter Richtung geschunden hatte. Ich konnte jetzt die Gegend noch einmal geniessen. Ein "Leidensgenosse" kam uns auf dem Rad entgegen und auch noch ein Paerchen. Also es gibt noch mehr "Verrueckte".

Eine amuesante Story beim Ueberschreiten der Grenze Chile/Argentinien. Hatte mir noch fuer 10 arg. Peso eine Taschenflasche Whisky und eine "Sprite" gekauft, diese auf den 16 km von der arg. zur chilen. Seite getrunken. Es war etwa noch 1/3 Rest in der Whiskyflasche, die ich beim Grenzkontrollausstieg auf meinen Sitzplatz legte. Noch vor dem Wiedereinstieg machte mir ein chilenischer Grenzbeamter - meine Flasche in der Hand haltend - klar, dass das verboten sei, schritt zur Abfalltonne und goss den Whisky in diese. Einem Mitreisenden ging es mit 1/2 Flasche Wein ebenso. Leute trinkt vor der Grenze die Flaschen aus !
Ich bin heute den zweiten Tag in P.A. und reise morgen frueh mit dem Bus nach Puerto Natales weiter. Ich hab hier zwei Museen (u.a. ein Museum der Salisianer, zu denen ich ja durch meine Aufenthalte in Rwanda eine besondere Beziehung habe) und einen wirklich sehenswerten, beeindruckenden, historischen Friedhof besucht (obwohl ich vorerst mit Friedhoefen nichts zu tun haben moechte), eine Exkursion zu einer Pinguinkolonie unternommen (dabei Stefan und Anita, das weltreisende oesterreichische Radlerpaar, wiedergetroffen) und heute dem Fort Bulnes, das zur Machtsicherung Chiles an der Magállanstrasse errichtet wurde, und einem See in einem NP einen Besuch abgestattet - alles ohne Fahrrad. Nein halt, in der Stadt hier bewege ich mich natuerlich mit dem Fahrrad, weil ich da einfach schneller bin.
Wusstet ihr, Magallan-Punguine sind monogam, d.h. ein Paerchen bleibt ein ganzes Leben zusammen, aber nur, um die Jungen auszubrueten und aufzuziehen. Wenn sie dann nach der Brutperiode ins Meer zurueckgehen und sich etwa 4-5 Monate an einem anderen Platz (z.B. Brasilien oder Peru) aufhalten, dann trennen sich die Paare und treffen sich im naechsten Jahr an der gleichen Stelle wieder. Aber wie erkennen sie sich ? Am "Gesang", an der Stimme. Unglaublich !
Also, liebe Gisela, wundere dich nicht, wenn ich in Dresden aus dem Zug aussteige und singe ! Meine Stimmung laesst sich vielleicht mit zwei Liedertexten am besten ausdruecken.
"Dont cry Argentina" (weil ich dich verlasse) und
"Hallo, ´Guten Morgen´ Deutschland ich wuensch dir einen guten Tag" (weil ich wiederkomme).
Und nun sind wir einmal bei der Rueckreise. Viele haben mich gefragt, wann ich ankomme. So will ich es hier mitteilen:
Ankunft mit dem Flugzeug am 1. Maerz 2007 in Frankfurt (Main) 9.05 Uhr. Die Ankunft mit dem Zug in Dresden ist von verschiedenen Parametern abhaengig [1. Ist das Flugzeug puenktlich, 2. wie schnell bekomme ich mein Gepaeck am Flughafen (einschliesslich Fahrrad), 3. Wie lange dauern die Wiedereinreiseformalitaeten und schliesslich 4. Welchen Zug erreiche ich dann und hat dieser keine Verspaetung.] Es koennten sich fuer Dresden folgende Ankunftszeiten ergeben: (guenstigstensfalls) 15.01Uhr, (am wahrscheinlichsten) 16.01 Uhr, (hoffentlich nicht erst) 18.01 Uhr (oder gar spaeter).
Es stellt sich fuer mich die Frage: Ist denn etwa noch jemand - ausser meiner Frau - an meiner Ankunft interessiert oder will mich gar am Bahnhof abholen ? Aber bitte Empfangsdelegationen bei meiner Frau (an)melden. Sie weiss etwa gegen 11 Uhr auch, mit welchem Zug ich komme.

Montag der 12.02.2007


Puerto Natales
(Chile)

Kommen wir wieder zum eigentlichen Thema. Habe eine Busfahrt von Punta Arenas nach Puerto Natales durch eine herrlich flache Landschaft hinter mir und hier ein recht guenstiges Quartier gefunden, wo ich mein Gepaeck auch waehrend meiner mehrtaegigen Abwesenheit lassen kann. Busfahrten nach Calafate zum Moreno-Gletscher und weiter nach Chaltén zum Fitz Roy sind geplant. Dort werde ich sicher noch schoene Fotos machen koennen. Naechste Woche hab ich bis Donnerstag Zeit, dem NP "Torres del Paine", einen Besuch mit Rad und/oder Bus (entscheide ich nach Streckeninspektion) abzustatten. Bis dahin hat sich dann auch entschieden, ob ich als Teilrueckweg nach Santiago de Chile den Seeweg - entlang an Chiles eindrucksvoller, wunderschoener mit vielen Inseln, Fjorden und Gletschern ausgestatter Westkueste - waehlen kann oder mit dem Bus - durch die nicht minder schoene Berglandschaft - fahre. Es wird auf jeden Fall ein unvergessliches Erlebnis werden (so hoffe ich jedenfalls).
Bei einer kleinen Ausfahrt mit dem Rad treffe ich noch Sam und Emma aus Adelaide (Australien).

Dienstag 13.02. bis Samstag 17.02.२००७

Calafate und Chaltén (Argentinien)
Nach fast siebenstuendiger Busfahrt bin ich in Calafate und kann am Nachmittag gleich noch eine Besichtigungstour zum beeindruckenden Moreno-Gletscher - der unter Naturschutz und Schirmherrschaft der UNO steht (oder so aehnlich) - unternehmen. Seine Bilder sprechen fuer sich.Am naechsten Morgen geht es, nachdem ich am Abend vorher noch in einem Hostal untergekommen war, mit dem Bus nach Chaltén, dem Ort am Fusse des Fitz Roy und Torre. Beide Berge zaehlen zu den am schwersten zu besteigenden Gipfeln der Welt, obwohl beide nur etwas ueber 3.000 m hoch sind. Die klimatischen Bedingungen (Wind, Kaelte) und ihre Steilheit machen die Exponiertheit aus. Ich statte den Gletscherseen an ihrer Basis - von wo man einen beeindruckenden Blick auf die Gipfel hat - einen Besuch ab, was mit zwei anstrengenden Wanderungen (10 Stunden und 7 Stunden) verbunden ist. Leider gelingen mir nur vom Fitz Roy "Nah"aufnahmen, da der Torre sich erst bei meinem Rueckweg und dann bei der Rueckfahrt nach Calafate wolkenlos zeigt.
Nach 8 Monaten Radfahren sind die Beine das Wandern nicht mehr gewoehnt und die Muskeln schmerzen nach den zwei Tagen mehr als nach meinen anstrengendsten Radetappen.
Heute am Freitag halte ich mich noch in Calafate auf, weil der Fruehbus ausgebucht war. Ich werde den Tag fuer einige kleine Einkaeufe und einen ausgiebigen Stadtbummel (mit gutem Essen) nutzen und morgen wieder in Puerto Natales sein.

Sonntag 18.02.2007 bis Donnerstag 22.02.2007

Puerto Natales (Chile)
Puerto Natales bietet neben den Fahrten nach Calafate (Argentinien) natuerlich in erster Linie die Besichtigung des Nationalparkes "Torres del Paine", der zu den schoensten der Welt zaehlen soll und in dem man gut १-२ Wochen verbringen und wandern kann. Dorthin unternehme ich am 19.02.2007 eine Eintagestour. Es war beeindruckend. Ich hab zwar noch ein paar Tage Zeit, aber glaubt mir nach fast 9 Monaten bin ich etwas - ich moechte es so nennen - "erlebnismuede", so dass mir der eine Tag genuegte. Ich moechte die drei Resttage nutzen, um noch 2 Museen zu besuchen und um mich wieder an normales Leben zu gewoehnen - schoen essen gehen, saubere Sachen tragen und was es noch alles so gibt.

Am 20.02.2007 war ich im oertlichen Museum, wo die Geschichte der Region ueber drei Epochen dokumentiert ist. Die Zeit der Ureinwohner vor etwa 10.000 Jahren, die Vorkolonisation und die Geschichte Ausgang des 18. Jahrhunderts/Anfang 19. Jahrhunderts.

Ganz besonders beeindruckend fuer mich war der Besuch des technischen Denkmals "Puerto Bories" (21.02.2007), ein technisch historisches Museum ganz besonderer Art.
Porto Bories, benannt nach dem Besitzer der Schafsschlacht-, Wollverwertungs- und Fleischgefrierfabrik, die Ende des 19. Jahrhunderts hier entstand und 1911 massgeblich zur Gruendung der Stadt Puerto Natales beitrug.
Es sind dort einmalige technische Einrichtungen, wie Ammoniakkompressoren (zur Kaelteerzeugung), Dampf(!)- und Dieselgeneratoren zur Stromerzeugung uvam. zu bestaunen. Ich empfand beim Betrachten dieser historischen Technik ein bisschen Ehrfurcht.

Ach und etwas ganz Wichtiges: Gestern (19.02.2007) konnte ich ein Ticket fuer meine Schiffsfahrt nach Puorto Montt kaufen. Ich bin gluecklich !


Donnersta 22.2.2007 bis Montag 26.02.2007

Schifffahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt

Ich war ja so froh, ein Schiffsticket bekommen zu haben. Auf dem Schiff wurden ausser uns Menschen/Touristen auch Tiere transportiert. 2 LKW-Anhaenger Pferde, 2 x Kuehe und 2 Anhaenger mit Schafen im Doppelstock, zusammengepfercht, dass sie sich kaum bewegen konnten. Sie wurden gefuettert und auch mit Wasser versorgt, das konnten wir beobachten. Das haette in Europa trotzdem die Tierschuetzer alarmiert. Vielleicht war es die letzte Fahrt der Tiere ? Aber eben auch die einzige Möglichkeit des Transports. Die Linie Puerto Natales - Puerto Montt war ursprünglich für den Tiertransport angelegt. Erst in letzter Zeit hat man erkannt, dass sich auch die Mitnahme von Touristen lohnt.
Das Wetter war gemischt, am ersten Tag bedeckt und etwas Regen, am zweiten Tag Wind und Wellen (auf dem offenen Pazifik) und gestern, am letzten Tag, ein Traumwetter mit Sonnenschein, herrlicher Sicht, Wal-Watching und einer ausgelassenen Stimmung unter uns Touristen, die wir aus den verschiedenen Laendern kamen.
Dass jetzt auf den letzten Kilometern noch etwas schief gehen koennte, ist kaum zu erwarten. So werde ich nach der Busfahrt von Puerto Montt nach Santiago (Ankunft 7.00 Uhr) von dort 22.40 abfliegen, in Atlanta zwischenlanden, dort 12 Stunden Aufenthalt haben und dann am Donnerstag in Frankfurt ankommen.

Montag 26.02.2007 bis Donnerstag 01.März 2007

Heimkehr
Nach meiner Ankunft in Puerto Montt suchte ich nach einem zweiten Fruehstueck zunächst ein internet-Cafe auf, um die letzten e-mails zu lesen und zu schreiben. Den Einkauf einiger Restgeschenke (den Hauptteil hatte ich in aller Ruhe in Ushuaia und Calafate erworben) konnte ich stressfrei erledigen. Mittagessen nahm ich im "Deutschen Club" ein. Keine deutschsprachige Speisekarte, keine deutsch sprechende Bedienung, dafür richtige deutsch/bayrische Volkslieder mit leicht revanchistischem Touch, was mir aber das Essen nicht vermiesen konnte.
Schliesslich ruhte ich mich noch auf einer Wiese vor dem Busbahnhof aus, ehe ich 17.30 Uhr in den Bus stieg, nachdem Rad und Gepäck gut verstaut waren. So lange es noch hell war bzw. als es am Morgen hell wurde, liess ich die Monate vorher mit dem Rad bewältigte Strecke an mir im Eiltempo des Busses vorbeigleiten. In Santiago stand mir noch die Aufgabe bevor, mein Rad und Gepaeck flugfaehig zu verpacken. Von all meinen grossen Fahrten hatte ich genuegend Erfahrungen, so dass ich kein Problem darin sah, das in Santiago in 15 Stunden zu bewältigen. Trotz des Spanischen auch nach 7 Monaten Aufenthalt in spanisch sprechenden Ländern nicht mächtig, gelang es mir, mich in das Viertel/die Strasse durchzu"fragen", wo sich ein grosser Teil der Fahrradhändler niedergelassen hat. Gleich im ersten Geschäft bekam ich einen Fahrradtransportkarton, den ich aber dort erst einmal noch fuer eine Stunde beliess, da ich ja noch Verpackungsmaterial fuer die Taschen benötigte. Etwa 1 km weiter fragte ich in einem Bueroartikelgrosshandel nach. Ein Karton war gleich parat, der andere wurde mir nach Ausräumen von Archivakten uebergeben. Nun liess ich Gepäck und Kartons an diesem Ort, fuhr mit dem Rad zum Fahrradgeschäft und holte von dort meinen Radkarton. In einer Garageneinfahrt hatte ich genug Platz zum Demontieren und Verpacken des Rades und all meiner Utensilien. Ich konnte sogar duschen und nach dem Mittagessen bedanke ich mich mit einem "Six-Pack" und man bestellte mir auch noch ein Taxi zum Flugplatz
, den ich Stunden vor meinem Abflug erreichte.

Zwischenlandung in Atlanta (USA). Nach 9 Stunden Flug erreichte ich Atlanta, die Cola- und Olympiastadt von 1996. 12 Stunden Aufenthalt. Die wollte ich nicht auf dem Flugplatz totschlagen. Mit der U-Bahn fuhr ich in die Stadt, besorgte mir einen kleinen Touristenstadtplan und schlenderte durch die Stadt. Im Capitol war gerade eine Senioren-Lobby dabei, eine bessere Versorgung der "ALTEN" u.a. durch Schaffung eines entsprechenden Ministeriums einzufordern. Im Representantenhaus wurde über die Gleichberechtigung aller Kirchen (hier vorgetragen von der orthodoxen Kirche) verhandelt. Es waren jede Menge Jungendliche/Schulklassen im Haus, um zu sehen, wie "Politik gemacht wird". Ich bin mir sicher, sie haben es nicht rausbekommen, denn da haetten sie an die Boerse gehen muessen.
Pflastermuede kam ich zum Flugplatz zurueck, musste noch die buerokratische Ein- bzw. Ausreisekontrolle mit Fingerabdruecken und fotografischer Gesichtskontrolle ueber mich ergehen lassen, ehe ich den Nachtflug nach Frankfurt/Main absolvierte. In F. ging die Gepaeckausgabe zuegig, aber den ersten Zug nach Dresden verpasste ich trotzdem um 5 min. Die Ankunft in Dresden war dann eine Ueberraschung.
 

Donnerstag, 1.März 2007

Empfang am Bahnhof in Dresden


Das war schon ein besonderer Empfang im Dresdner Hauptbahnhof. Zeigte es mir doch, wie ihr alle mit mir auf meiner Tour "mitgegangen" seid, wie ihr mit mir gelitten, mit mir die wunderbaren Landschaften erlebt und mich vielleicht auch manchmal ein bisschen bedauert oder aber beneidet habt. Danke, danke für die moralische Unterstützung, die ihr mir gegeben habt und die ich auch manchmal gebraucht habe.
Ich überlege mir, wie und in welchem Rahmen ich alle einmal an den Erlebnissen meiner Tour teilhaben lassen kann.
Nach der Sichtung meiner über 3.000 Fotos und der Überarbeitung meines detaillierten Tagebuches (jeder Tag einzeln dokumentiert) wird sich bestimmt eine Gelegenheit finden.